Beitrag veröffentlicht

in

, , , , ,

von

Wie die Guten gelernt haben, wertem von unwertem Leben zu trennen

Es ist eine der großen Ironien unserer Zeit: Ausgerechnet jene, die mit Pathos für „Diversität, Toleranz und Inklusion“ antreten, haben ein erstaunliches Talent darin entwickelt, Menschen in Kategorien einzuteilen – in Wertvolle und Wertlose.

Natürlich nennt es niemand so. Die Sprache der Woke-Community ist sanft, fast pastoral. Da ist von „Sensibilisierung“ die Rede, von „Safe Spaces“ und „Achtsamkeit“. Aber hinter dem Vorhang geschieht etwas anderes: ein strenges Aussortieren. Wer die richtigen Worte kennt, die richtigen Gesten macht und die richtigen Dogmen verinnerlicht, gehört dazu. Wer es nicht tut, landet im Abseits – nicht nur als Gegner, sondern als moralisch defizitäres Wesen.

Es ist die neue Form von Reinheitslehre. Früher trennten Religionen zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Heute trennt die woke Moral zwischen Bewussten und Unbewussten, zwischen denen, die „auf der richtigen Seite der Geschichte“ stehen, und denen, die angeblich rückständig, ignorant oder gefährlich sind.

Das Ergebnis ist bemerkenswert konsequent: Menschen, die man sonst als empathisch, liberal und weltoffen beschreiben würde, entwickeln einen eiskalten Blick für alles, was nicht in ihr Raster passt. Sie können Canceln, Shamen und Exkommunizieren, ohne mit der Wimper zu zucken – und sind dabei felsenfest überzeugt, im Dienst des Guten zu handeln.

So entsteht ein moralisches Kastensystem. Privilegierte, die die Codes beherrschen, dürfen reden, lehren, deuten. Die anderen werden zum Schweigen gebracht, aus Projekten ausgeschlossen, aus Jobs gedrängt, aus Diskursen gelöscht.

Und das eigentlich Bittere: Diese Spaltung geschieht nicht am Rand, sondern im Namen des Fortschritts. Wer nicht mitzieht, gilt nicht als Andersdenkender, sondern als toxisch. Die alten Kategorien von „wertvollem“ und „unwertem“ Leben sind offiziell längst Geschichte. Doch in der woke Version feiern sie ein Comeback – subtiler, sprachlich geschmeidiger, aber im Kern genauso exklusiv.

Die Guten haben gelernt, was einst den Schlechten vorgeworfen wurde: Sie sortieren Menschen. Nur nennen sie es heute Verantwortung.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert