Wir leben in einer Welt, in der Frauen strukturell als schützenswert, moralisch überlegen und empathisch betrachtet werden. Dieser Gynozentrismus ist kein Randphänomen, sondern tief im kollektiven Bewusstsein verankert – mit messbaren Folgen. Besonders deutlich wird das im Umgang mit Gewalt durch Frauen, speziell wenn Kinder betroffen sind.
Täterin? Wohl eher ein tragischer Einzelfall
Wenn eine Frau in einer Kita Kinder schlägt oder als Lehrerin einen Schüler sexuell missbraucht, ist der öffentliche Reflex fast immer derselbe: Es sei ein tragischer, individueller Aussetzer – keine Systemfrage, keine strukturelle Bedrohung. War sie psychisch krank? Überfordert? Ein Opfer ihrer Lebensumstände? Die Täterin wird zur „Verwirrten“, nicht zur „Gefahr“. Anders bei Männern: Ein männlicher Täter genügt, um Berufsgruppen zu stigmatisieren, Institutionen in Frage zu stellen und politische Debatten auszulösen.
Strafmaß: Geschlecht entscheidet über Härte
Eine US-Studie (Black, 2011) belegt eindrucksvoll, wie stark Geschlecht das Strafmaß beeinflusst. Bei gleichwertigen Straftaten erhielten männliche Täter im Schnitt fünfmal so lange Haftstrafen wie weibliche. Während männliche Lehrer für sexuellen Missbrauch an Schülerinnen durchschnittlich 18 Jahre Haft bekamen, kamen Lehrerinnen mit rund 3,7 Jahren davon. Dieser Unterschied zieht sich durch Ermittlungen, Anklagen und Urteile – das Geschlecht bestimmt die Deutung.
Der Fall Jacqueline Ma: Täterin mit Schutznarrativ
Ein besonders aufschlussreiches Beispiel ist der Fall der US-Lehrerin Jacqueline Ma. 2023 wurde sie in Kalifornien wegen des jahrelangen sexuellen Missbrauchs zweier Schüler zu 30 Jahren Haft verurteilt. Die Reaktionen? Kein Aufschrei, keine Gender-Debatte, keine Schlagzeilen à la „Systemversagen“. Stattdessen konzentrierte sich die Berichterstattung auf ihre frühere Beliebtheit als Lehrerin, auf psychische Probleme und Biografiebruch. Die Tat wurde individualisiert, nicht politisiert. Quelle: People Magazine, 2024
Psychologie: Der „Women-are-wonderful“-Effekt
Psychologische Forschung liefert die Erklärung für diese Schieflage. Der sogenannte „Women-are-wonderful“-Effekt (Eagly & Mladinic, 1994) beschreibt, wie Menschen Frauen grundsätzlich positivere Eigenschaften zuschreiben – unabhängig vom Kontext: warmherzig, empathisch, fürsorglich. In der Folge fällt es schwer, Frauen als Täterinnen zu sehen, erst recht im pädokriminellen Bereich. Stattdessen dominieren Rechtfertigungen, Relativierungen und Opfer-Täter-Umkehr. Der moralische Kredit, den Frauen genießen, wirkt wie ein Schutzschild – selbst vor dem Gesetz.
Und die Opfer? Unsichtbar
Besonders fatal ist diese Verzerrung für die Betroffenen. Jungen, die von Frauen sexuell missbraucht werden, gelten oft nicht als Opfer – sondern als Glückspilze. Ihre Traumatisierung wird belächelt oder sexualisiert. Ihre Geschichten werden kaum erzählt, ihre Perspektive bleibt im toten Winkel. Die Täterin hingegen erhält im Zweifel sogar noch Sympathie. In dieser Konstellation verliert der Opferschutz jede Glaubwürdigkeit.
Fazit: Gleichheit nur, wenn sie ins Bild passt
Solange weibliche Täterschaft verharmlost, entschuldigt oder ignoriert wird, ist Gleichstellung ein Märchen. Gynozentrik ist nicht bloß ein kulturelles Relikt, sondern ein aktiver Faktor in Rechtsprechung, Medien und Gesellschaft. Wer Gerechtigkeit fordert, muss auch den Mut haben, Frauen als Täterinnen zu benennen – ohne Schutznarrativ, ohne psychologische Weichzeichnung. Alles andere ist Verrat an den Opfern und Selbstbetrug auf gesellschaftlicher Ebene. Gleichberechtigung beginnt nicht beim Empowerment – sondern bei der Konsequenz.
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