Feminismus hat ein Problem. Nein, nicht das, von dem viele behaupten, dass es das Problem sei – etwa „toxische Männlichkeit“, Gender-Pay-Gap oder die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen. Das wahre Problem liegt darin, dass Feminismus selbst häufig nicht mehr genau weiß, wofür er eigentlich kämpft. Das zeigt sich besonders deutlich, wenn die Begriffe Gleichberechtigung, Gleichbehandlung und Gleichstellung wie eine Art ideologischer Dreifaltigkeit beliebig austauschbar verwendet werden. Doch Achtung: Hier steckt der Teufel im Detail.
Gleichberechtigung: Die schöne Idee
Gleichberechtigung ist vermutlich der unstrittigste Begriff des Trios. Sie bedeutet, dass Männer und Frauen die gleichen Rechte haben. Klingt simpel, oder? Jeder vernünftige Mensch wird dem zustimmen. Frauen dürfen wählen, arbeiten, ein Konto eröffnen – alles Grundpfeiler, die westliche Gesellschaften im Laufe der letzten Jahrzehnte durchgesetzt haben. Aber ist das genug? Für viele Feministinnen nicht.
Gleichberechtigung war das ursprüngliche Ziel des Feminismus. Männer und Frauen sollten die gleichen Rechte haben. Klingt vernünftig, oder? Keine Frau sollte daran gehindert werden, zu wählen, zu studieren oder sich politisch zu engagieren. Und siehe da, in den meisten westlichen Ländern wurde das längst erreicht.
Aber das reicht nicht.
Denn wo Gleichberechtigung einst als Ziel galt, ist sie mittlerweile zu einem Mindeststandard degradiert. Man hat den Eindruck, als sei Gleichberechtigung nicht mehr sexy genug. Sie liefert keine knackigen Headlines, keine provokanten Slogans. Gleichberechtigung allein lässt sich schlecht vermarkten, also kommt Gleichstellung ins Spiel.
Gleichstellung: Der Wolf im Schafspelz
Gleichstellung ist der schmutzige kleine Bruder der Gleichberechtigung. Statt dafür zu sorgen, dass alle die gleichen Chancen haben, geht es hier um gleiche Ergebnisse – um jeden Preis. Egal, ob jemand qualifiziert ist, ob Interesse oder Fähigkeiten vorhanden sind. Hier wird die Ideologie giftig.
Beispiel gefällig? Wenn Frauen in bestimmten Berufen unterrepräsentiert sind, dann liegt das nicht etwa an individuellen Entscheidungen, sondern an einem „System“, das sie daran hindert. Die Lösung? Quoten, Förderprogramme und einseitige Maßnahmen, die oft dazu führen, dass Männer pauschal als privilegiert abgestempelt werden. Aber hier kommt der Widerspruch: Selbstverständlich reden Feministinnen gerne über Gleichstellung in Chefetagen, aber nicht auf Baustellen oder in Müllabfuhren. Warum gibt es keinen Aufschrei, dass Frauen in Hochrisikojobs unterrepräsentiert sind? Vielleicht, weil Gleichstellung nur dann attraktiv ist, wenn sie bei weniger Leistung gut bezahlt und prestigeträchtig ist.
Wenn Gleichstellung nicht mehr reicht: Wie die Deutsche Bahn AG die Frauenquote handled
Aktuell: 30 % Frauen in Führungspositionen im Inland
Ziel: 40 % Frauen in Führung bis 2035
Mitarbeiteranzahl im Inland: 211.300
Frauenanteil: 23 % Mitarbeiter im Inland
Quelle: https://www.deutschebahn.com/de/konzern/
Gleichbehandlung: Die oft vergessene Tugend
Und dann gibt es noch die Gleichbehandlung – der am meisten ignorierte Begriff in dieser heiligen Dreifaltigkeit. Gleichbehandlung bedeutet, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft oder anderen Faktoren gleich behandelt werden sollten. Klingt fair, oder?
Doch hier kneift der Feminismus. Gleichbehandlung ist unbequem, weil sie Frauen aus ihrer Sonderrolle holt. Sie bedeutet, dass Frauen sich denselben Maßstäben stellen müssen wie Männer. Keine Sonderregelungen, keine Schonung, keine Extrawürste. Und das passt nicht in die Narrative vieler Feministinnen, die lieber Opfer statt Akteurinnen sein wollen.
Gleichbehandlung ist unromantisch. Sie liefert keine Feindbilder, keine Machtspiele. Sie verlangt, dass Frauen ebenso Kritik, Konkurrenz und Verantwortung akzeptieren wie Männer. Das passt nicht zur aktuellen feministischen Rhetorik, die bevorzugt auf Empörung statt auf Prinzipien setzt.
Feminismus als strategischer Begriffsstolperer
Das Durcheinander dieser Begriffe hat dazu geführt, dass Feminismus sich immer wieder selbst im Weg steht. Man kann nicht gleichzeitig für Gleichbehandlung und Gleichstellung kämpfen, weil die beiden Ziele sich oft widersprechen. Und man kann nicht die Fahne der Gleichberechtigung schwenken, während man Sonderrechte für Frauen fordert.
Der stragetische Feminismus steckt in einem Dilemma. Er will alles, aber nichts davon konsequent. Solange er nicht klar definiert, was er eigentlich will – gleiche Rechte, gleiche Ergebnisse oder gleiche Behandlung – kann er sich selbst in der Opferrolle darstellen.
Vielleicht ist das eigentliche Problem gar nicht der Feminismus an sich, sondern seine inkonsistente und verlogene Rhetorik.