Warum Care-Arbeit zur Waffe wird – und wie Männer still ihre Lasten tragen.
Die neue Unwucht im alten Spiel
„Mental Load“ ist das neue Schlagwort für eine alte Klage: Frauen müssten nicht nur alles managen, sondern auch an alles denken. Geburtstage, Zahnarzttermine, Brotdosen. Sie seien die unsichtbaren Projektmanagerinnen des Familienlebens, während Männer gedankenlos durchs Leben stolperten. Was dabei konsequent übersehen wird: Männer tragen längst eine eigene, ebenso unsichtbare Last. Nur wird sie nicht beklagt – sondern erwartet. Mehr noch: Wer sie benennt, wird belächelt, verhöhnt oder zur Rechenschaft gezogen.
Die emotionale Arbeit der Frau – ein Geschäftsmodell
Der Diskurs über „Mental Load“ funktioniert wie ein Kartell: Er definiert den Schmerz exklusiv weiblich – und lässt sich dann politisch und moralisch kapitalisieren. Das Resultat: eine neue soziale Asymmetrie.
Denn wer die Deutungshoheit über Unsichtbares beansprucht, erhält moralische Dividende:
- „Ich denke an alles, du musst nur ausführen.“
- „Du darfst ruhig helfen – aber es entlastet mich nicht, wenn ich dir sagen muss, was zu tun ist.“
So wird emotionale Arbeit zur Waffe. Nicht gegen Männer per se – sondern gegen ihre emotionale Autonomie. Jeder Versuch, sich abzugrenzen, wird als mangelnde Fürsorge, fehlende Empathie oder passive Aggression umgedeutet.
Und was tragen Männer?
Hier ein kurzer Ausschnitt aus dem Mental Load männlicher Realität – ungeschönt, meist unsichtbar:
- Versorgungsdruck: In vielen Familien wird ökonomische Absicherung immer noch primär vom Mann erwartet. Scheitert er daran, verliert er Ansehen – oft auch Liebe.
- Emotionskontrolle: Männer sollen ruhig bleiben, stark sein, nicht klammern, nicht jammern. Kein Weinen, kein Wanken. Die emotionale Contenance des Mannes ist unsichtbare Care-Arbeit für die Beziehung.
- Grenzschutz: Männer stehen oft zwischen Partnerin und Kindern, Schwiegereltern, Job und Freundeskreis. Sie sind Vermittler, Puffer, Blitzableiter.
- Verfügbarkeit: Technisch versiert, körperlich präsent, lösungsorientiert. Er soll „einfach machen“, nicht lang fragen – aber alles richtig machen.
Niemand nennt das Mental Load. Es ist einfach „sein Job“.
Das Monopol auf emotionale Definitionsmacht
Was hier sichtbar wird, ist keine bloße Arbeitsteilung. Es ist ein Diskurshoheitsproblem: Frauen beanspruchen den Schmerz – Männer schweigen.
Frauen erhalten Empathie – Männer maximal Rat. Frauen dürfen erschöpft sein – Männer dürfen funktionieren.
Und wehe, sie fragen nach Anerkennung. Dann heißt es: „Du willst Applaus fürs Mithelfen?“
Das emotionale Monopol funktioniert nicht, weil Frauen bösartig wären. Es funktioniert, weil Narrative zählen – und weil Männer selten lernen, ihre eigene Unsichtbarkeit als solche zu begreifen.
Was wäre ehrlich?
Ehrlich wäre: Beide Seiten tragen Lasten.
Ehrlich wäre: Auch emotionale Arbeit kann Macht bedeuten.
Ehrlich wäre: Wer Fürsorge moralisiert, manipuliert – ob absichtlich oder nicht.
Und ehrlich wäre: Männer dürfen aufhören, sich für ihr Nichtwissen oder ihre emotionale Eigenständigkeit zu schämen. Sie dürfen ihre eigene Form von Care-Arbeit benennen – und notfalls entziehen.
Du musst nicht mehr mitspielen
Wenn emotionale Arbeit zur moralischen Währung wird, ist Rückzug kein Rückschritt – sondern Klarheit.
Lerne, deine Last zu sehen.
Lerne, Nein zu sagen.
Und lerne: Nicht jeder Konflikt muss kooperativ lösbar sein. Manchmal reicht es, wenn du ihn erkennst.
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